Beobachtet man die aktuellen Entwicklungen im Profisport Fußball, gelangt man zu der Erkenntnis, dass stetig mehr Geld im Umlauf ist, was den Druck auf die handelnden Personen erhöht. Einen sicheren Arbeitsplatz haben Trainer, Sportdirektoren, Kaderplaner und Scouts vor allem dann, wenn die Ergebnisse stimmen. Getreu dem Motto: Erfolg gibt Recht. Dieses kurzfristige Denken ist weit verbreitet. Probleme werden in Form von Umschuldungen und Kreditaufnahmen aufgeschoben, um kurzfristig Erfolg zu haben. Spieler mit hohem Potenzial werden frühzeitig verkauft, um mit dem eingenommenen Geld einen gestandenen Spieler zu holen. Dieser suggeriert schließlich eine bessere Aussicht auf kurzfristigen Erfolg. Es ist der bequeme und jobsichernde Weg für Funktionäre. Bundesligatrainer haben 2019 eine Halbwertszeit von etwa anderthalb Jahren. Warum also sollte er Jugendspieler behutsam aufbauen, ihnen Fehler eingestehen und langfristig im Sinne des Vereins denken und handeln?
Gerade der Trainerberuf ist ein Job, in dem es nicht um das Verwalten oder Sichern durch kurzfristige Maßnahmen gehen sollte. Vielmehr sollten Spieler ausgebildet und dahingehend entwickelt werden, Fußball zu kreieren, frei zu sein und ihre Kreativität ausschöpfen zu können. Eine nachhaltige Entwicklung muss dabei angestrebt werden. Innerhalb einer Saison kann es immer Rückschläge geben, jedoch gilt es hier zu unterscheiden: Wo endet eine „Ergebniskrise“ und wo beginnt ein ernst zu nehmender Abwärtstrend, der die Ziele des Vereins in Gefahr bringt? Geht man nun von der Ausgangsthese „Erfolg gibt Recht.“ aus, so stellt sich die Kernfrage:
Wie lässt sich Erfolg losgelöst von Siegen und Tabellenplatzierungen definieren?
Künftig wird es darum gehen, individuelle und mannschaftliche Fortschritte messbar zu machen und sie zu dokumentieren. In Zeiten von Big Data werden von jedem Profi- und Juniorenspiel (U17 bzw. U19) der Nachwuchsleistungsteams eine hohe Anzahl an Daten erhoben. Es geht darum, diese Daten richtig zu interpretieren und sie in Smart Data umzuwandeln.
Relevante Daten herauszufiltern kann nur dann gelingen, wenn eine einheitliche Spielphilosophie verfolgt wird, welche über einen längeren Zeitraum Bestand hat. Im besten Fall werden Grundprinzipien vom Verein vorgegeben, welche im eigenen Nachwuchs verankert werden. Jegliche Verhaltensmuster, die proaktiv von Verein und Trainerteam eingefordert werden, sind an die Spielphilosophie gekoppelt (Beispiele: Aggressivität, Raumkontrolle, schnelles Überbrücken uvm.). Anschließend lassen sich Trends erkennen, die Aufschluss darüber geben, ob die Mannschaft den Matchplan des Trainerteams umsetzen konnte oder nicht – unabhängig vom Ausgang des Spiels. Analysten müssen daher wie Trainer denken und haben mit Trainern zu tun, die wie Analysten arbeiten.
Über allem steht die individuelle Weiterentwicklung.
Malte Schlichtkrull, Coach FC St. Pauli U17
Da abseits vom Spiel auch in Trainingseinheiten Verbesserungen von Spielern im individual- und mannschaftstaktischen Bereich vorteilhaft sind, müssen auch diese quantifiziert werden. Doch wie lässt sich eine individuelle Weiterentwicklung objektiv darstellen? Die Zusammenarbeit zwischen Analysten und Trainern ist in dieser Hinsicht elementar. Entscheidend ist, auf welche Werte geachtet wird, was wiederum eng mit dem Fußballverständnis in Bezug auf Smart Data verknüpft ist. Es ist notwendig zu wissen, wodurch Werte beeinflussbar sind.
Die Spielanalyse unter Einbezug von Smart Data kann massiv zur Messbarkeit von Leistung und der individuellen Weiterentwicklung der Spieler genutzt werden. Die Arbeit des Trainerteams wird losgelöst von Ergebnissen quantifiziert und bietet Entscheidern im Fußball Orientierung und eine objektive Bewertung des Ist-Zustands. Einhergehend mit der vereinsspezifischen Spielphilosophie können Ziele evaluiert werden, die sich in regelmäßigen Abständen durch Analysetechniken überprüfen lassen.